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Zur Konsumgesellschaft

12/11/2012

In Ergänzung zu meinem derzeit betont gesellschaftskritischen Programm auf dem Blog möchte ich heute über Konsum schreiben. Dies ist ein facettenreiches Thema mit großer Bedeutung für unseren Alltag. Insbesondere will ich die Frage beantworten, was bewusster und verantwortungsvoller Konsum bedeuten und weshalb es das eigene Wohl befördert, bewusst zu konsumieren.

Viele Konsumenten in unseren Breiten haben die Einstellung, dass es höchstens einen Grund gibt, sich ein Produkt nicht anzuschaffen, obwohl sie es gerne haben würden; und zwar den, dass es zu teuer ist. Nach dieser Auffassung gibt es für einen vermögenden Menschen gar keinen Grund, weshalb er irgendetwas nicht kaufen sollte, das ihm gefällt. In der Tat gibt es aber unzählige. Während der Produzent nur ungern darüber spricht und der Konsument nichts davon wissen will, werden die meisten Produkte unseres täglichen Bedarfs unter grauenhaften Bedingungen und unter der Ausbeutung von Umwelt, Mensch und Tier hergestellt. Obwohl dies schon vor geraumer Zeit durch diverse Dokumentationen allgemein bekannt wurde, hat es auf das Konsumverhalten der Menschen keinen merkbaren Einfluss genommen. Zu wenig greifbar ist der Hintergrund der Produktion einer Ware für den Konsumenten, der sich deshalb nicht verantwortlich fühlt, zu schwerwiegend scheint der Verzicht. Man sieht sich nicht in der Pflicht und fühlt sich auch gar nicht unwohl oder gewissenlos dabei, sondern in guter Gesellschaft.
Durch den Überfluss an Produkten entstehen beim Konsumenten Nöte, die ich künstliche Bedürfnisse nennen will. Sie unterscheiden sich von natürlichen Bedürfnissen dadurch, dass sie sich erst durch die Gewöhnung an einen ganz bestimmten Umstand, also durch den Konsum selbst entwickeln. Ein künstliches Bedürfnis ist der Drang, ein zugrundeliegendes natürliches Bedürfnis auf eine ganz bestimmte, meist sehr angenehme oder effiziente Weise zu stillen. Während Hunger ein natürliches Bedürfnis eines Menschen ist, ist es etwa ein künstliches, Fleisch essen zu wollen. Während der Drang nach Unterhaltung ein natürliches Bedürfnis ist, ist es ein künstliches, Fernsehen zu wollen. Während der Drang nach sozialer Interaktion ein natürliches Bedürfnis ist, ist es ein künstliches, auf Facebook sein zu wollen. Man sieht recht schnell, dass vielen Produkten, die wir konsumieren, die Eigenschaft innewohnt, dass sie sich der grundlegenden natürlichen Bedürfnisse bedienen und daraus künstliche Bedürfnisse nach dem Produkt erwachsen lassen. Je besser das gelingt, desto erfolgreicher ist das Produkt. Problematisch wird dies auch erst dann, wenn die Befriedigung des künstlichen Bedürfnisses im Rahmen des Konsumierens eines Produktes mit der Befriedigung des zugrundeliegenden natürlichen Bedürfnisses nichts mehr zu tun hat. Daraus können viele mehr oder weniger stark ausgeprägte Abhängigkeiten entstehen. Je höher der Lebensstandard eines Menschen ist, umso größer ist auch die Zahl seiner Abhängigkeiten von bestimmten Lebensumständen, umso mehr Dingen bedarf er, um ein zufriedenes Leben führen zu können. Ständig ist er in der Not, konsumieren zu müssen, um sich zu befriedigen.
Es gibt einige Güter, die viele Individuen in dieser Gesellschaft benötigen, um beruflich und privat nicht fortwährend mit Schwierigkeiten konfrontiert zu sein. Dazu gehören heutzutage beispielsweise oft ein Internetzugang oder auch mobile Erreichbarkeit. Verantwortungsvolles Konsumieren soll deshalb nicht den generellen Verzicht bedeuten. Es bedeutet nach meiner Ansicht, den Kauf von unnötigen Produkten zu vermeiden. Wer verantwortungsvoll konsumiert, informiert sich so weit als möglich über die von ihm gekauften Waren und legt Wert auf umwelt-, tier- und sozialethische Kriterien. Er kritisiert die fehlende Nachhaltigkeit von profitorientierten Produktionen und behandelt seinen eigenen Besitz möglichst schonend.
Bewusstes Konsumieren bedeutet die Vermeidung der Entstehung von Abhängigkeiten aus künstlichen Bedürfnissen heraus. Wer abhängig vom Konsum unzähliger Produkte ist, ist ständig unbefriedigt, hat keinen Respekt vor der Ware und kann nicht verantwortungsvoll konsumieren.

In unserer Gesellschaft ist verantwortungsloses und unbewusstes Konsumieren die Regel. Es beginnt bei ständiger Nahrungsaufnahme und hört beim Besitz von unzähligen elektronischen Geräten auf. Ich hoffe, ich konnte den Leser zu kritischen Gedanken ermutigen.

Liebe Grüße,
Mahiat

4 Kommentare
  1. Susaenna permalink

    Sehr guter Artikel. Ist zwar nicht neu (muss ja auch nicht), aber der Punkt ist: die Menschen müssen damit so oft konfrontiert werden, dass sie wach werden….*daumen hoch*

  2. Hallo Susaenna,

    freut mich, dass Ihnen der Artikel gefällt. Leider ist es so, dass man einige Erkenntnisse immer und immer wieder erfassen und auch als vernünftig begründet begreifen kann, ohne dass sie die eigene Einstellung und das Verhalten verändern. Dazu benötigt es wohl häufige Konfrontation, wie Sie erwähnen, und zudem den beständigen Hinweis auf die Bedeutung des Themas und eine Wirkung, die nicht nur eine rationale, sondern auch eine emotionale Ausprägung hat. Letzteres ist meist schwer zu erzielen, hätte aber den größten Effekt.

    Liebe Grüße

  3. Susaenna permalink

    Vielleicht ist es sogar so, dass manche Verhaltensänderungen auch durch die Ergänzung von Rationalität durch die Emotionalität nicht hervorgerufen werden, sondern nur durch veränderte Ausgangssituationen in der eigenen wahrgenommenen Realität.

  4. „Heutzutage kaufen viele Leute mit dem Geld, das sie nicht haben, Sachen, die sie nicht brauchen, um damit Leuten zu imponieren, die sie nicht mögen.“ Ernst Bloch, Philosoph

    Schöne Grüsse aus der Ausstellung „Was ist Glück?“
    https://www.freidenker-galerie.de/acrylbilder-gute-spr%C3%BCche-philosophie-3/

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