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Zu Vermögenssteuern

20/10/2012

Die Vermögenssteuer wird in unterschiedlichen Formen und Zusammenhängen relativ regelmäßig diskutiert. Ich befürworte sie prinzipiell, also unter gewissen Bedingungen, die ich im Folgenden ausführen werde.
Bei geeigneter Umsetzung halte ich die Besteuerung von Vermögen für möglich, ohne dass Leistung zum Zweck eines hohen Einkommens seine Attraktivität verliert. Es sollte Selbstverständlichkeit werden, dass Vermögende einen Teil ihres Geldes abgeben, der dann entsprechend verwendet wird; beispielsweise für die Entwicklungshilfe, die in Österreich üblicherweise auf einem äußerst niedrigen Stand ist. Wozu man die finanziellen Mittel benützen könnte, möchte ich im folgenden Beitrag aber nicht besprechen. Dies ist ein anderes Thema.

Um zu gewährleisten, dass Leistung in finanzieller Hinsicht attraktiv bleibt, hat man darauf zu achten, dass der abzugebende Teil nicht zu groß ist; nämlich gerade so klein, dass Vermögende ihren gewohnt hohen Lebensstandard beibehalten können, wenn sie denn einen solchen überhaupt haben. Davon abgesehen ist meiner Ansicht nach keine besondere Rücksicht darauf zu nehmen, ob jemand durch Arbeit oder auf anderem Weg zu diesem Lebensstandard gekommen ist. Wer nämlich eine solche Rücksicht fordert, der setzt das Gerechtigkeitsideal voraus, dass es einen direkt proportionalen Zusammenhang zwischen erbrachter Leistung und der Höhe der Entlohnung gibt. Das ist jedoch in der Realität nicht der Fall. Würde sich die Höhe der Entlohnung nämlich tendenziell daran orientieren, wie anstrengend die Beschäftigung ist, dann wären wohl viele der Berufsgruppen, die am schlechtesten bezahlt werden, plötzlich ganz oben auf der Gehaltsliste. Die Höhe der Entlohnung orientiert sich tendenziell vielmehr daran, wieviele Menschen dazu imstande sind, die entsprechende Arbeit auszuführen. Deswegen sind jene am besten bezahlt, für die man langjährige Ausbildungen benötigt, und zwar auch dann, wenn sie eigentlich nicht sonderlich anstrengend sind. Diese Ausbildungen kann man aber nur dann absolvieren, wenn man besondere Fähigkeiten mitbringt, etwa überdurchschnittliche Intelligenz. Ob man solche Fähigkeiten hat, ist aber wiederum dem Zufall überlassen, und gewiss nichts, das an sich zu würdigen wäre.
Es ist, wie John Rawls in seinem Werk anmerkte, grundsätzlich in Ordnung und vermutlich leider irgendwie notwendig, Menschen mit besonderen Fähigkeiten durch die Verlockung hoher Belohnung zur Entfaltung ebendieser zu verleiten. Wenn allerdings von großer Leistung die Rede ist, dann verbinden wir damit immer auch große Anstrengung. Gut bezahlte Berufe können, müssen aber nicht notwendigerweise sehr anstrengend sein. Für schlecht bezahlte Berufe gilt dasselbe.

Da Leistung demnach als objektiver Maßstab für eine gerechte Entscheidung in dieser Frage ausscheidet, bleibt ohnehin nur noch das Vermögen an sich als Kriterium. Es lässt sich meines Erachtens jedoch allgemein beurteilen, dass es Menschen mit einem entsprechend hohen Lebensstandard zuzumuten ist, dass sie einen kleinen Beitrag für das Allgemeinwohl abgeben.
Wer seine Arbeit gerne und nicht nur des Geldes wegen macht und darüber hinaus zufrieden mit sich und seinem Leben ist, wird sich kaum an einer solchen Abgabe zu einem gemeinnützigen Zweck stören. Hingegen wird jemand, der seine Arbeit nur des Geldes wegen macht und grundsätzlich nie zufrieden sein kann mit dem, was er hat und was er ist, wohl an beinahe jeder seiner sozialen Zwecken dienlichen Abgaben etwas auszusetzen haben, egal welchen Namen und vernünftigen Grund diese haben mag.

Liebe Grüße,
Mahiat

2 Kommentare
  1. „Da Leistung demnach als objektiver Maßstab für eine gerechte Entscheidung in dieser Frage ausscheidet, bleibt ohnehin nur noch das Vermögen an sich als Kriterium.“ Glaubichnich, sorry. Ich meine nicht deine Schlussfolgerung aus dem ersten Teilsatz, obwohl ich da auch grübele… sondern den „objektiven Maßstab“. Der stört mich. Den gibt es nicht, denke ich. Zum Beispiel mag jeder individuell, also subjektiv meinen, sein Geld reiche so gerade eben zum Lebenserhalt. Unabhängig davon,w ie viel er wirklich hat. Für einen HartZIV-Empränger erscheint sicher mein Lohn phantastisch, für einen befreundeten Beamten ist er ein Witz und Politiker aller Couleur sprechen bei Leuten wie mir vom Niedriglohnsektor… (Pflegehelfer). Mir erscheint er gerade ausreichend. Könnte mehr sein, trotzdem mir meine Arbeit Spaß macht, denn ich finde darüber hinaus, sie ist unglaublich unterbezahlt angesichts der Art der Arbeit. – Abgeben würde ich aber NIX! Und hier liegt m.E. das Problem, denn egal wie viel man hat / verdient, diese Denkweise bleibt, sofern vorhanden, immer gleich… Also man denkt subjektiv, wenn man etwas abgeben soll, nicht objektiv, man hat nämlich Angst, was zu verlieren. Angst ist immer subjektiv. Darum wird das wohl nie klappen mit so einer Steuer… So sehr ich sie bei den Superreichen natürlich befürworte (aberbittenichbeimir :-)) sorry für die Länge des Kommentars, dein Artikel ist gut, denn er regt zum Nachdenken an. Gruß von Snoopy

  2. Hallo snoopylife,

    du hast Recht damit, dass die gleiche Summe Geld von verschiedenen Leuten unterschiedlich bewertet wird. Das habe ich hier auf dem Blog auch schon öfters genau so formuliert, beispielsweise im Artikel „Zum Geld“ oder „Zum Wert“. Zitat aus Letzterem:
    “Für den reichen Geschäftsmann sind 10 Euro bedeutungslos. Ein Familienvater mit durchschnittlichem Einkommen wird sie einsparen, wann immer es ihm möglich ist. Für ein Kind bedeuten 10 Euro möglicherweise die Erfüllung eines monatelang gehegten Wunsches. Der Bettler sieht darin seine Existenz für die nächsten zwei Tage gesichert.”
    Die Bewertung hängt gerade damit zusammen, an welchen Lebensstandard man sich gewöhnt hat.

    Auf diese Weise war meine Aussage allerdings nicht zu verstehen. Der Folgesatz hätte erklären sollen, wie es gemeint war: „Es lässt sich meines Erachtens jedoch allgemein beurteilen, dass es Menschen mit einem entsprechend hohen Lebensstandard zuzumuten ist, dass sie einen kleinen Beitrag für das Allgemeinwohl abgeben.“ Ob sie selbst finden, dass es ihnen zuzumuten ist, ist natürlich eine ganz andere Frage. Dass jemand, der beispielsweise 15000 Euro im Monat verdient, auch mit 14000 Euro oder 13000 Euro im Monat noch ein sehr feines Leben in unserer Gesellschaft führen kann, ist jedoch objektiv einsichtig für jeden, der sich des Durchschnittseinkommens bewusst ist und den Bezug zum Geld nicht verloren hat. Die betreffende Person selbst mag in ihrer Subjektivität und im Bezugsverlust vielleicht denken, dass ihr die 1000-2000 Euro im Monat fehlen werden. Doch wofür? Jedes Bedürfnis, das nach derartigen finanziellen Mitteln verlangt, ist ein künstliches, das aus einem viel zu hohen Lebensstandard in einer konsumorientierten Gesellschaft entstanden ist. Die Forderung des verwöhnten Einzelnen nach der Stillung solcher Bedürfnisse mutet geradezu lächerlich an, wenn man bedenkt, dass das Geld helfen könnte, unzähligen Menschen die Existenz zu sichern.
    Das ist einerseits klar. Andererseits ist es wohl für jeden von uns nachvollziehbar, dass solche künstlichen Bedürfnisse aus dem Überfluss heraus recht leicht entstehen und dass man sie, wenn man sich erst daran gewöhnt hat, selbstverständlich befriedigen will. Man soll sich auch einer Sache bewusst sein: Egal ob vermögend oder Durchschnittsverdiener, in unserer Gesellschaft haben beinahe alle Mitglieder solche künstlichen Bedürfnisse, und jeder konsumiert eifrig mit im Rahmen der Mittel, die ihm zur Verfügung stehen. Man glaubt stets, selbst zu wenig zu haben. Man sieht zuallererst die in der Pflicht, die mehr verdienen, als man selbst. Dadurch wird alle Verantwortung abgelegt, denn reichere, verwöhntere Menschen finden sich immer.

    Schön wäre es, wenn es zur Selbstverständlichkeit werden würde, sich gegenseitig zu helfen. Nicht nur denen, die zu wenig haben, sondern auch denen, die nicht loslassen können von ihren unzähligen künstlichen Bedürfnissen, aus denen nicht selten Zivilisationskrankheiten entstehen, die sie langsam zugrunderichten. Ich schlage grundsätzlich vor, zuallererst damit zu beginnen, den eigenen Lebensstil zu kritisieren und sich zu überlegen, wie man seinen Konsum etwas reduzieren könnte. Denn: „Es ist nicht das Problem, das wir zu wenig geben. Es ist das Problem, das wir zu viel nehmen.“, wie Jean Ziegler neulich in der ZiB2 so oder so ähnlich gesagt sehr schön hat.

    Liebe Grüße,
    Mahiat

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