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Zum Vegetarismus

23/03/2012

Wer die letzten Artikel des Blogs gelesen hat, wird bemerkt haben, dass ich mich zurzeit mit ethischen Fragen beschäftige. Daran möchte ich heute anknüpfen und meine Gedanken zu einem Thema äußern, zu dem ich in den letzten Wochen einige Informationen gesammelt habe und das aktuell für mich große Brisanz und enorme Wichtigkeit hat.
Unlängst habe ich mich dazu entschlossen, mich künftig konsequent fleischlos zu ernähren. Diese Entscheidung meinerseits war gewissermaßen schon immer absehbar, da Fleisch nie ein wirklich fixer Bestandteil meines Speißeplans war und ich es auch nicht wirklich genießen konnte, da ein latenter Ekel davor mich bei jeder Mahlzeit begleitet hat. Als mir dann schon vor über einem Jahr bewusst geworden ist, dass ich auch aus anderen Gründen die vegetarische Lebensweise viel besser mit meiner Weltsicht vereinbaren kann, habe ich meinen Fleischkonsum auf ein Minimum reduziert. Die Gründe dafür, dass ich nun den Schlussstrich gezogen habe, möchte ich hier erläutern. Ich werde das nur einmal tun und es dabei bewenden lassen, denn ich bin mir darüber im Klaren, dass Vegetarismus in der Gesellschaft nicht gerade hoch angesehen ist und dass man darüber kaum sprechen kann, ohne jemanden vor den Kopf zu stoßen. Nur eben dieses eine Mal will ich ganz unverblümt darüber schreiben. Ich möchte in diesem Sinne dazu aufrufen, meine Argumente bitte nicht als persönliche Anschuldigungen zu interpretieren, das können und sollen sie nicht sein.

Es gibt zahlreiche ökologische, ernährungsbezogene und gesundheitliche Vorteile, die der Vegetarismus mit sich bringt. Damit möchte ich mich aber in diesem Artikel nicht beschäftigen, denn ich denke, dass das ohnehin bekannt ist und dass sich jeder darüber informieren kann. Worüber ich sprechen möchte, ist der tierethische Aspekt, denn hier scheiden sich die Geister.
Wir wissen, dass verschiedene Lebewesen entsprechend der Entwicklung ihres Nervensystems und ihres Gehirns im unterschiedlichen Ausmaß dazu fähig sind, Glück und Leid zu empfinden (siehe „Zum Glück„). So geht wohl ein jeder konform mit der Ansicht, dass einer Pflanze, obgleich sie als Lebewesen wachsen und sterben kann, die notwendigen physischen Voraussetzungen fehlen, die für Empfindungen von Glück und Leid benötigt werden. In der Tierwelt gibt es diesbezüglich natürlich zahlreiche Abstufungen. Leider ist es aber nun so, dass wir gerade hauptsächlich jene größeren Tiere mit Vergnügen essen, die Glück und Leid nachweislich auf einem äußerst ausgeprägtem Niveau empfinden können, also Huhn, Pute, Schwein, Kuh, etc. Andererseits halten wir Haustiere, die in dieser Hinsicht mit den Nutztieren völlig vergleichbar sind, und täglich erleben wir, wie sehr diese Tiere zur Liebe und zur Ausgelassenheit, zum Schmerz und zur Traurigkeit fähig sind. Ungern gesteht man sich ein, dass all die armen Wesen, die sich in dieser Sekunde in der Massentierhaltung oder in Schlachthäusern befinden, auf dieselbe Weise empfinden. Nur selten wird man auf unangenehme Weise darauf hingewiesen oder daran erinnert, nämlich dann, wenn man auf eines dieser Videos der nackten Realität stößt, die sich niemand gerne ansieht.

Nun zu meiner angekündigten unverblümten Behauptung: Ich denke, dass beinahe jeder Mensch sich im Herzen und im Unterbewussten klar ist, dass mit dem Umgang mit Nutztieren etwas gehörig nicht in Ordnung ist. Ich bin mir sehr sicher, dass dies der Grund dafür ist, dass man durch das Thematisieren von Vegetarismus derart starke Reaktionen hervorruft. Die Leute sind sich bewusst, dass es einen Aspekt in ihrem Leben gibt, von dem sie lieber nicht zuviel wissen wollen. Sie haben Angst davor, Dinge zu erfahren, durch die sie sich eingestehen müssten, dass sie in ihrem ganzen bisherigen Leben etwas falsch gemacht haben. Ich kann mir für die enorme Reibekraft der Thematik keinen anderen Grund denken als den, dass der Vegetarier für alle anderen Menschen ein Hinweis auf ihre eigene scheinbare oder tatsächliche Unzulänglichkeit und Verantwortungslosigkeit, ja ihrer eigene Unmündigkeit ist, obwohl da nichts wäre, das er selbst mit Absicht täte, um den anderen solche schlechten Gefühle zu geben. Aus dieser negativen Stimmung heraus entsteht das Bedürfnis, sich für den eigenen Lebensstil zu rechtfertigen.
„Wir Menschen sind von Natur aus Allesfresser.“, heißt es dann. Es ist schon erstaunlich, was wir Menschen nicht alles von Natur aus sind. Die Geschichte der Zivilisation ist eine große Chronik des Zwistes zwischen Vernunft und Natur der Menschheit, und am Ende dieses sehr einseitig entschiedenen Kampfes gibt es, darin stimme ich überein, viele Aspekte, in denen wir wieder zur Natürlichkeit zurückfinden sollten; jedoch sind es gewiss nicht die ethischen Fragen, in denen wir unserer Natur den Vorrang gegenüber unserer Vernunft einräumen sollten. Unter der Voraussetzung, dass es ethisch nicht in Ordnung ist, hochempfindsame Tiere für Nahrung zu töten, und unter der Voraussetzung, dass es für den Menschen auch möglich ist, seine natürlichen Nahrungsbedürfnisse auf fleischlose Art und Weise zu befriedigen, ist es völlig egal, ob wir von Natur aus Allesfresser sind, oder nicht. Unter diesen beiden Voraussetzungen sind wir vernünftigerweise zu einer vegetarischen Lebensweise angehalten. Ich bin der Ansicht, dass nicht nur die zweite, sondern auch die erste Voraussetzung gegeben ist. Die Begründung dafür findet sich ja gerade im beschriebenen Argument bezüglich der Abstufungen des Glück- und Leidempfindens von Tieren. Diskussionen dazu sind erwünscht.
Ein letzter entscheidender Punkt, den man betrachten muss, besteht in den unterschiedlichen Umständen, in denen Tiere gehalten und geschlachtet werden. Allerdings möchte ich festhalten, dass das für mich nur noch insofern eine Rolle spielt, als ich zurzeit nicht auf Milch, Ei, Käse und einige andere tierische Güter verzichte und ich daher gerne wissen möchte, wo diese Produkte herkommen. Es ist mir vor allem wichtig, dass man dem kategorischen Imperativ gemäß jedes Tier genauso wie jeden Menschen, also im weiteren Sinne jedes Lebewesen „(…) niemals bloß als Mittel, sondern jederzeit zugleich als Zweck an sich selbst behandeln sollte.“ Töten widerspricht dem unter allen Umständen, auch unter den besten. Produkte, die nur durch schonungsloses, regelrechtes Ausbeuten von Tieren zu gewinnen sind, versuche ich, nach Möglichkeit zu vermeiden.

Ich sage deshalb, dass ich es versuche, weil es oft beinahe unmöglich ist, Gewissheit darüber zu erlangen, wo die Güter herstammen. Ich tue mein Bestes, mehr darüber in Erfahrung zu bringen.
Sollte ich jemanden mit diesem Artikel verärgert haben, möchte ich mich entschuldigen. Man möge diese Zeilen als die Worte von jemanden betrachten, der noch ganz am Anfang seiner Einsichten über Vegetarismus steht, der sich bis vor einigen Monaten auch noch nicht genügend damit auseinandergesetzt hat und dem es aufgrund günstiger Voraussetzungen, aufgrund von Abscheu gegen Geruch und Geschmack sehr einfach fällt, auf Fleisch zu verzichten, der daher auch niemandem einen Vorwurf machen will. Man möge sie aber auch als die Worte von jemanden betrachten, der sich nicht vor der Realität verschließt, der ehrlich mit sich selber ist und sagt: „Ich habe bisher etwas falsch gemacht.“, und der andere hier zum ersten und zum letzten Mal dazu auffordern will, die Augen für ein totgeschwiegenes Verbrechen höchster Grausamkeit zu öffnen.

Liebe Grüße,
Mahiat

From → Betrachtungen, Ethik

15 Kommentare
  1. Finde ich alles sehr richtig, was du geschrieben hast! Ich finde auch, dass man die Tiere, die Schmerzen empfinden können und ein Interesse daran haben, weiterzuleben, nicht töten sollte (erst recht nicht auf die Weise, wie es in der Massenproduktion getan wird). Demnach könnte der Mensch eigentlich ohne schlechtes Gewissen Tiere essen, die keine Schmerzen haben. Das wären dann zum Beispiel Insekten (wenn wir mal davon ausgehen, dass es ihnen zudem egal ist, ob sie sterben oder nicht, bzw. dass es ihnen einfach nicht bewusst ist). Aber ich glaube, die kommen bei den meisten Menschen in Europa nicht so gut an… Und es lohnt sich ja auch nicht wirklich, so klein wie die sind.
    Es ist unlogisch, dass Menschen außer sich geraten, wenn sie hören, dass in China angeblich Hunde gegessen werden (oder wurden) und die armen süßen Hunde bemitleiden, aber dann ein Schwein essen, das doch genauso leidet.
    Auch deinen Einwand gegen die Behauptung, wir müssen Fleisch essen, weil es nun mal in unserer Natur liegt, finde ich gut. Diese Behauptung trifft vielleicht auf Naturvölker zu, die ihre Nahrung noch selbst jagen und ihre Familien wahrscheinlich nicht nur durch pflanzliche Produkte ernähren können. Sie trifft aber nicht auf die Massenproduktion hierzulande zu. Deswegen kann das Argument, dass das Fleischessen in unserer Natur liegt, kaum für uns gelten.
    Ein Junge hat zu mir mal noch ein weiteres Argument gegen Vegetarismus gesagt, und zwar dass ein Raubtier ihn auch fressen würde, wenn sie sich träfen, und wieso sollte er dann nicht auch das Raubtier essen dürfen. Das Argument finde ich aber völlig unsinnig, denn das Raubtier ist erstens ein reiner Fleischfresser und zweitens ist es gar nicht in der Lage, über die Moral seines Tuns nachzudenken. Genausogut könnte man dann das Argument bringen „Ein Baby würde mich anjammern und schreien, wenn es Hunger hat, warum sollte ich dann nicht auch das Baby anschreien?“ Ganz einfach, das Baby kann es nicht anders. Und das Raubtier kann auch nicht anders als Tiere zu jagen.

  2. Hallo Alea, Danke für deinen Kommentar.
    Es ist lustig, dass du das mit den Insekten ansprichst. Auf Facebook habe ich gerade gelesen, dass die UNO offenbar prognostiziert hat, dass die westliche Welt früher oder später von Fleisch auf Insekten umsteigen wird müssen. Das habe ich schon öfter gehört. Der Grund dafür ist, dass Fleisch immer teurer wird.
    Die Frage, in welcher Ausprägung Insekten ein (Ich-)Bewusstsein haben, ist natürlich schwer oder unmöglich zu beantworten. Ich zumindest gehe aber davon aus, dass auch sie durch ihr Nervensystem in der Lage sind, eine Form von Schmerz- und Stressreizen wahrzunehmen. Das hat ja auch seinen Nutzen, da sie mehr oder weniger stark entwickelte Sinne haben, mit denen sie sich in der Welt zurechtfinden müssen.

    Das Argument, das du genannt hast, hätte ich auf ähnliche Weise entkräftet. Im Grunde kann man sagen, dass sämtliche Vergleiche und Bezüge auf die Natur in diesem Zusammenhang nicht haltbar sind, da der moderne Mensch salopp gesprochen einfach nicht mehr in einer natürlichen Umgebung lebt.

  3. Hallo!
    Erstmal möchte ich sagen, dass ich es mich freut, dass du dich mit dem THema beschäftigst und zum Vegetarier geworden bist. Wenn du neue Einsichten dazu gewinnst würde ich mich auch über weitere Artikel zu dem Thema freuen.
    Du schreibst: „Produkte, die nur durch schonungsloses, regelrechtes Ausbeuten von Tieren zu gewinnen sind, versuche ich, nach Möglichkeit zu vermeiden.“ Das du nicht vegan lebst liegt vermutlich daran, dass es dir schwer fällt auf manche Produkte zu verzichten, oder? Denn durch eine vegane Lebensweise könntest du dir ja sicher sein, dass keine Tiere durch dich gequält werden.

  4. Hallo senfzettel,
    Die Durchführung einer strikt veganen Lebensweise würde sich realistisch betrachtet natürlich unendlich komplizierter gestalten, als die der vegetarischen. Das will sehr genau geplant sein und geht über bloßen Verzicht hinaus, weil Milchprodukte in vielen Lebensmitteln und Gerichten enthalten sind.

    Ich muss die Erfahrung des Vegetarismus nun erst einmal auf mich wirken lassen und mich näher informieren und mir genau ansehen, wie ich mich künftig erfolgreich ernähre. Da werde ich den Fokus ohnehin schonmal auf pflanzliche Lebensmittel setzen. Zurzeit weiß ich noch nicht genug darüber. Natürlich stellt sich eine wichtige Frage: Gibt es überhaupt Milch-, Ei- und Käsesorten, die man bedenkenlos kaufen und konsumieren kann?

    Ernährst du dich vegan? Vielleicht hast du ja Tipps auf Lager und kannst mir auf die oben gestellt Frage eine Antwort geben. : )

    Liebe Grüße

  5. Ich bin der Meinung, daß wir nicht alle Vegatarier werden müssen, aber der Fleischkonsum sollte wieder auf ein angemessenes Niveau zurückkommen (derzeit muß er ja wie alles in derzeitigen System wachsen, wachsen und nochmal wachsen). Ich bin der festen Meinung, daß wir alle in Europa Vegetarier wären, wenn wir die Tiere selbst schlachten müßten.
    Da ich aber Fleisch und Wurst liebe, versuche ich seit einigen Jahren sehr bewußt, so weit möglich „Bio“-Fleisch und „Bio“-Wurst zu kaufen und auch geschmacklich gute vegetarische Ersatzprodukte – Aufstriche usw.
    Mich erstaunt es immer, daß noch niemand auf die Idee kam, wenig, dafür aber hochwertiges Fleisch zu verwenden, um den Geschmack zu haben, aber eine Vermischung mit Soja und Veggie-Produkten – so könnte man den Fleischbedarf vielleicht auf 10 % reduzieren, ohne ganz darauf verzichten zu müssen.
    Daß Lebewesen getötet werden, damit andere davon leben, ist in der Natur aber auch so und finde ich an sich nicht bedenklich, die Frage ist wie ethisch geht man mit dem Tier um – von der Geburt bis zum Tod.

    • Hallo Violet Teki,
      ich denke auch, dass schon viel damit gewonnen ist, wenn man den Fleischkonsum auf ein Minimum reduziert und sich auf die Qualität konzentriert. Ich habe mich ja schon sehr lange demgemäß ernährt. Nun gab es halt viele Gründe für mich, gänzlich darauf zu verzichten.

      Du schreibst: „Daß Lebewesen getötet werden, damit andere davon leben, ist in der Natur aber auch so (…)“
      Dazu habe ich einige Kommentare zuvor etwas geschrieben: „Im Grunde kann man sagen, dass sämtliche Vergleiche und Bezüge auf die Natur in diesem Zusammenhang nicht haltbar sind, da der moderne Mensch salopp gesprochen einfach nicht mehr in einer natürlichen Umgebung lebt.“

      In meinem Artikel gehe ich ja auch darauf ein, dass wir Menschen in ethischen Fragen unserer Vernunft den Vorrang gegenüber unserer Natur geben sollten.

      Liebe Grüße

      • Hast sicher recht, aber ich bin da einfach zu schwach, so eine brutzelnde Käsekrainer mit Senf, da kann ich nicht widerstehen 🙂
        Aber auch wirklich Hochachtung vor allen, die es schaffen, ganz ohne Fleisch zu leben.

      • Ich verstehe das sehr gut. Jeder Mensch hat Dinge, auf die er ungern verzichten möchte. Fleisch gehört halt bei mir nicht dazu.

  6. Hallo mahiat,
    „Gibt es überhaupt Milch-, Ei- und Käsesorten, die man bedenkenlos kaufen und konsumieren kann?“ Das hängt natürlich immer von deinem ethischen Standpunkt ab. Du kannst zum Beispiel fragen: Welches Recht habe ich dazu, einer Kuh ihre Milch abzunehmen, auch wenn sie (möglicherweise) keine Qualen dabei erleidet? Tiere sind unmündig, wir können nicht mit ihnen absprechen, was okay ist und was nicht. Daher sollte man sie – wenn man sehr konsequent ist – in Ruhe lassen.

    Das Problem ist meiner Erfahrung nach gar nicht so sehr der Verzicht (man gewöhnt sich an alles) sondern der Ersatz. Wenn man Vegetarier ist kann man zum Beispiel leicht darauf achten, mehr Eisen zu essen. Lebt man vegan, so muss man sehr vieles ausgleichen, weil der Mensch natürlich ein Allesfresser ist. Zudem muss man sehr viel kochen, da man praktisch keine fertigen Gerichte findet und auch nicht an einem Imbiss essen kann.

    Ich habe ausprobiert vegan zu leben, aber habe es nicht geschafft (nur circa 2 Wochen). Ich werde es in naher Zukunft wohl noch einmal probieren. Zur Zeit esse ich auch Fleisch, aber ich achte bei allen tierischen Produkten auf Bio-Qualität. Da kann man einigermaßen sicher sein, dass die Tiere halbwegs gut behandelt werden. Für mich macht es ethisch nicht viel Sinn auf Fleisch zu verzichten, aber normale Milch zu trinken. Das ist so als ob man sage: Tiere töten ist böse, aber Tiere foltern ist okay.

    Meiner Meinung nach ist es ratsam zu probieren langsam auf Tier-Produkte zu verzichten, wenn man das denn will. Das wichtigste ist, dass man sich bewusst ist, dass Tierprodukte von Tieren stammen. Die Werbung probiert genau das Gegenteil zu erreichen. Vor ein paar Wochen habe ich zB ein Plakat gesehen, auf dem stand „Esst mehr Fleisch aus Österreich“ oder so ähnlich. Und im Hintergrund war nicht etwa ein Schweinestall zu sehen, sondern ein Kornfeld. Auch auf Fleischverpackungen wirst du kaum ein Tier finden. Das ist das was Violet Tiki auch anspricht: In unserer Gesellschaft ist es längst nicht mehr normal zu schlachten. Kaum einer würde das machen und kaum einer würde denBlick ins Innere eines Schlachthofes ertragen.

    • Wie du ja selbst schreibst, ist das Problem nicht so sehr der Verzicht, sondern schlichtweg die Tatsache, dass ein veganer Lebenswandel außerordentliche Planung erfordert. Der Grund, weshalb ich also nicht vegan lebe, liegt nicht (wie von dir gefragt) darin, dass ich nicht auf die Lebensmittel verzichten möchte, sondern auch und vor allem darin, dass ich zurzeit gar nicht genug Kenntnisse habe, um Veganer sein zu können. Ich habe wenig Ahnung davon, was ich alles nicht mehr essen, tragen oder kaufen dürfte und wie ich entsprechende Lebensmittel und Gerichte ersetzen könnte.
      Es freut mich, dass du es probiert hast, vegan zu leben. Dass du nun aber wieder jegliche Art tierischer Güter, also auch Fleisch konsumierst, sollte dir unbedingt zeigen, dass deine Vorgehensweise völlig falsch war(*). Da du ja vorhast, genau dasselbe in naher Zukunft nochmal zu machen, würde ich dir, wenn du es erlaubst, gerne einen anderen Ratschlag geben: Ich glaube nicht, dass der Versuch, von heute auf morgen vegan zu leben, besonders sinnvoll ist. Probiere dich erstmal an der vegetarischen Lebensweise und gewöhne dich daran. Wie du ja selbst sagst, ist es wohl um einiges besser, nach und nach auf tierische Produkte zu verzichten und die entsprechenden Alternativen bewusst und behutsam in die eigene Lebens- und Ernährungsweise einzubetten. Da sind die Erfolgschancen gewiss um einiges größer.

      Noch etwas: Ich kann mir durchaus Umstände denken, unter denen ich es als ethisch unproblematisch betrachten würde, tierische Produkte zu nutzen. Eine wichtige Stelle meines Artikels bezieht sich auf den kategorischen Imperativ von Kant: Man sollte Lebewesen jeder Art “(…) niemals bloß als Mittel, sondern jederzeit zugleich als Zweck an sich selbst (…)“ behandeln.
      Jeder von uns behandelt andere Lebewesen als Mittel. Das beste Beispiel dafür wäre das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Wichtig ist, dass man andere Lebewesen niemals als reines Mittel ansieht, sondern dass man ihre Interessen wahrnimmt und auf eine Weise berücksichtigt, so dass sie ein erfülltes und glückliches Leben führen können. Auf einem idyllischen Bauernhof ist das zur Gänze der Fall. Da ich allerdings nicht weiß und nicht sicher wissen kann, wo die von mir bezogenen und konsumierten Produkte herstammen und wie die Situation auf Bauernhöfen tatsächlich ist, werde ich mich bewusst, aber ohne Eile und ohne Drang oder schlechtem Gewissen(*) um Kenntnisse bemühen, die ich benötige, um tierische Produkte, deren Herkunft besonders fragwürdig ist, nach und nach möglichst effizient zu ersetzen. Ob ich dann überhaupt irgendwann als Veganer oÄ. gelte, ist für mich eine Frage von Begrifflichkeiten, die keine Rolle spielt.

      Liebe Grüße

      (*) Zu diesen Themen gibt es viel auf meinem Blog zu finden, aber ich glaube, das hast du ohnehin schon gelesen.

  7. Toller Artikel!

    LG
    Sunelly Sims

  8. Sehr interessanter Artikel, auch die anschließenden Diskussionen absolut lesenswert. Ich bemuehe mich seit ueber eineinhalb Jahren vegetarisch zu leben, was mir zum Großteil auch sehr gut gelingt. Da wir auf einem Segelboot um die Welt shippern, hab ich Fisch noch nicht ausgeschlossen 🙂 Den versuche ich selbst zu fangen, oder bei Fischern direkt zu kaufen. Auch esse ich Fleisch, wenn ich absolut sicher bin, dass es artgerecht gelebt hat und nicht gefoltert wurde. Wie zb ein Stk Bison, das ein Freund hier in Alaska selbst erlegt hat. (das kommt aber äusserst selten vor) Grundsätzlich kann ich sagen, dass ich mich körperlich wesentlich wohler fühle, seit ich mich vegetarisch und sehr bewusst ernähre. Natuerlich beschäftige ich mich seither auch viel mehr mit diesem Thema und obwohl anfangs hauptsaechlich der ernährungsbezogene und gesundheitliche Aspekt eine Rolle spielten wurde es mit der Zeit auch eine ethische Frage. Hab ws auch vegan probiert, hielt aber keine Woche durch, da dies sehr schwierig ist, aus Gruenden, die ihr selber erörtert habt.

    Weiter so! Ich bin dabei….

    • Es freut mich, dass Ihnen der Beitrag gefällt. Ihre positiven Erfahrungen mit der Minimierung des Fleischkonsums kann ich teilen.
      Für mich stehen ethische und ökologische Aspekte im Vordergrund. Falls Sie vielleicht mehr dazu lesen wollen, werden Sie hier fündig.

      Liebe Grüße!

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