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Zu Charlie Hebdo

08/01/2015

Gestern hat es in Paris einen Terroranschlag auf die Redaktion der Satirezeitschrift ‚Charlie Hebdo‘ gegeben, bei dem 12 Menschen ums Leben kamen. Augenzeugen berichteten, dass die Täter beim Stürmen der Räumlichkeiten ‚Allahu Akbar‘ (Deutsch: Gott ist groß) riefen. Es sieht nach islamistisch motiviertem Terror aus, der religionskritische Inhalte des Blattes rächen sollte, insbesondere Karikaturen des Propheten Mohammed. Die politischen Konsequenzen dieses Ereignisses sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt kaum absehbar. Ich möchte in diesem Artikel in erster Linie beschreiben, auf welche Weise sich Europa als Staatenbündnis und als Volksgemeinschaft meines Erachtens nach keinesfalls verhalten sollte.

1) Europa sollte jedenfalls keine der mühevoll im Rahmen der Aufklärung erkämpften Errungenschaften aufgeben. Eine derartige Überreaktion wird von Terroristen bewusst beabsichtigt und provoziert. Zu diesen Errungenschaften zählen umfassende Bürgerrechte, die beispielsweise die Privatsphäre schützen. Zu diesen Errungenschaften zählt weiters die Erkenntnis, dass barbarische Strafen kein Bestandteil eines zivilisierten Justizsystems sein sollten. Die Täter sind noch nicht gefasst, da fordert die rechtsextreme Politikerin Marine Le Pen bereits die Wiedereinführung der Todesstrafe in Frankreich (Quelle). Dies führt direkt zum nächsten Punkt.
2) Europa muss sich intensiv mit seinen radikalen Politikern beschäftigen und vor allem darauf achten, dass der Terroranschlag von diesen nicht instrumentalisiert wird. Es gibt auch innerhalb Europas Mächte, die sich bestimmten Aspekten der offenen und aufgeschlossenen Gesellschaft klar entgegenstellen. Le Pen hegt ihren Wunsch nach der Wiedereinführung der Todesstrafe gewiss nicht erst seit gestern. Dies darf nicht der Moment sein, in dem derartigen Vorstößen nachgegeben wird.
3) Heute ist es in Frankreich zu mehreren Attacken auf muslimische Einrichtungen gekommen (Quelle). Das ist eine typisch menschliche, aber furchtbare Reaktion. Wer sich zum jetzigen Zeitpunkt aufgrund seiner schmerzlichen Emotionen der irrationalen Wut auf alles Fremdhafte hingibt, hat sich vom Terroranschlag radikalisieren lassen. Jeder dieser wahllosen Angriffe befördert das Risiko einer Eskalation immens. Die europäische Bevölkerung muss beweisen, dass sie verstanden hat, woher die Gefahr kommt und woher nicht.
4) Die Toleranz für alle friedlichen Lebensweisen und Meinungen ist ein hohes Ideal, das unsere Gesellschaft im Einklang mit ihrer Offenheit und Aufgeschlossenheit anstrebt. Die Toleranz für jene Lebensweisen und Meinungen, die gerade die Prinzipien dieser Offenheit und Aufgeschlossenheit untergraben, ist aber die größte Gefahr für dieses Ideal. Europa muss sich den offenen Feinden der aufgeklärten Gesellschaft künftig entschiedener entgegenstellen. Insbesondere der religiöse Fundamentalismus stellt seit jeher eine Gefahr für friedliches Zusammenleben dar. Die Verbreitung derartigen Gedankenguts innerhalb Europas soll mit politischen Mitteln unterbunden werden.

Der Anschlag auf ‚Charlie Hebdo‘ wird sich in der historischen Betrachtung in einen größeren Kontext eingliedern, den wir noch nicht verstehen können; gewiss aber wird er als Angriff auf die freie Kunst und damit auf den europäischen Geist selbst in Erinnerung bleiben, mitten in einer Hauptstadt. Es bleibt zu hoffen, dass Europa im Sinne dieses Geistes reagiert.

Liebe Grüße,
Mahiat

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