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Zu Überheblichkeit und Stolz

24/11/2011

Worauf aber kommt es an? Darauf, dass man möglichst so lebt, dass man zufrieden sterben kann. Und wer voller Glück gelebt hat, wird nicht unglücklich im Sterben liegen. So soll man sich seine Ziele, Wünsche und Erwartungen nach eigenem Interesse und nach eigenen Fähigkeiten auswählen und nicht derart unerhört hoch stecken, auch in jungen Jahren nicht; denn was bringt es, außer Frustration, Enttäuschung und Kummer in den späteren?

Meist erkennt ein jeder sein Talent und seine herausragende Eigenschaft schon früh und übt sich darin, im besten Falle mit großer Freude. Und der zählt sich zu den Glücklichsten, dem in solchem Schaffensprozess das Herz ganz aufgeht und der ein Leben lang Befriedigung darin findet. Nie wird er Ruhm oder Geld begehren, nie etwas anderes, als vielleicht Menschen, mit denen er seine Freuden teilen kann. Und unglücklich wird der sein, der meint, dass ein Talent mehr als das andere bedeute, dass beispielsweise Kunst über Handwerk stehe, und der sich einbildet, er müsse sich andern erhaben fühlen, oder ihnen unterlegen. Denn er steht in ewigem Wettstreit, schlechterdings nicht nur mit seinen Mitmenschen, sondern auch mit sich selbst. So feiert er Erfolge und muss Misserfolge hinnehmen, fühlt sich an dem einen Tage stolz und an dem anderen wertlos, und hat doch nicht begriffen, dass wir selbst keinen Einfluss darauf nehmen, welche Eigenschaften und Fähigkeiten uns gegeben sind. Warum will er sich feiern, wie kann er stolz sein, wenn ihm seine Begabung vererbt, sein Arbeitswille anerzogen wurde? Während er, der Narr, in seiner Einfältigkeit danach trachtet, gut und besser zu sein, trachtet der Weise schlichtweg danach, glücklich zu sein. Und so kann man sehen, dass der einfachste Handwerker ein glücklicher Weiser, der intelligenteste Mensch ein stolzer Narr sein kann.

Daher lebe jeder seinen Möglichkeiten gemäß und nicht im Sinne irgendeines falschen Zweckes, und jeder versuche, im Rahmen dieser Möglichkeiten Gutes zu tun derart, dass er auch andere Menschen glücklich mache und insbesondere jenen Leid erspare, die aufgrund ihrer Torheit nicht glücklich sein können.

11 Kommentare
  1. anana nagorny permalink

    Es gibt die kleinen feinen Unterschiede in der Möglichkeit der inneren Entwicklung: ein Mensch, der Vertrauen in seiner unmittelbaren Umgebung erleben durfte, wird augenscheinlich tatsächlich schon frühzeitig sein eigen Talent erkennen. Hat er jedoch alle Hände damit zu tun, sich zu wappnen gegen Ungemach wie z.b. Nichtbeachtung, Herzlosigkeit wird es ihm sichtlich schwer fallen, ganz unbefangen mit seinen Pfunden zu wuchern. Die zarten Seelen bedürfen einer behutsamen Pflege – so kann es manchmal Jahrzehnte dauern bis ein nicht an Geborgenheit erprobter Mensch sich seiner Begabungen gewahr wird – vielleicht bedarf es sogar dazu den wohlmeinenden Aussenstehenden., dem Gönner, dem Mentor.

  2. Ja, das ist von besonderer Bedeutung. Es ist unendlich schade, dass die Entwicklung großartiger Talente den von dir beschriebenen Einflüssen zum Opfer fallen kann.

    • Ich sehe das mit den äußeren Einflüssen auch so – irgendeine Begabung steckt in jedem von uns, doch viele Menschen beschäftigen sich erst im Erwachsenenalter mit diesem Thema. Sie suchen erst später danach. Sie suchen nach dem Sinn des Lebens für sich selbst.

      Viele suchen im Außen danach. Doch es ist in uns, wir müssen die Begabung, die den Sinn unseres Lebens darstellt, in uns selbst finden. Wir haben leider so viele Überzeugungen zu eigen gemacht, die gar nicht unsere sind. Es ist oft eine große Arbeit, die Überzeugungen, die nicht stimmig sind zu finden und diese zu neutralisieren (ich bin, wie ich bin). Doch die Mühe lohnt sich, denn irgendwann findet man zu sich selbst, man findet den wahren Kern. Aus diesem Kern heraus zu denken und zu handeln kann jeden Einzelnen zu dem Sinn seines Lebens führen.

      „Leben: Im Grunde wird uns ein fremder Hut aufgesetzt auf einen Kopf, den wir noch gar nicht haben.“ (Heimito von Doderer,1896-1966)

      Gruß,
      Sunelly Sims

      • Ja, das stimmt. Doch für die meisten Menschen ist es schwierig, ihre Begabung zu finden. Schön wäre es, wenn das eine einfache Aufgabe sein würde. Man kann sich glücklich schätzen, wenn es einem früh, oder zumindest überhaupt gelingt.

      • Ja, das finde ich auch – lieber spät als nie! Ich denke auch, dass die meisten Menschen erst mit der Suche beginnen, wenn ihnen bewusst wird, dass es mehr in im Leben geben sollte, als ständig im Hamsterrad zu laufen, das ihnen nicht die wahre Erfüllung gibt. Sie leben nach Erwartungen anderer – fremdgesteuert.

        Man beginnt damit, wenn man jung ist und setzt es solange fort, bis es einmal KLICK macht. Es gibt unterschiedliche Gründe, die dafür die Auslöser sein können. persönliche oder berufliche Enttäuschungen, Kummer oder auch in vielen Fällen Krankheiten.
        Dann beginnen sehr viele über ihr bisheriges Leben nachzudenken und es wird auch Vielen klar, dass sie etwas ändern müssen.

        Besser ist es natürlich, wenn es nicht so weit kommen muss – wenn man früher sein Potenzial für den Sinn seines Lebens entdeckt. Doch wie schon erwähnt, man sollte dann auch den Mut haben, diesen „Sinn“ in der Außenwelt zu verwirklichen, um das Gefühl der Freude in sich selbst langfristig behalten zu können – anderenfalls wird man im Hamsterrad weiterlaufen müssen …

        Liebe Grüße,
        Sunelly Sims

      • Das Hamsterrad gibt in diesem Zusammenhang ein wunderbares Bild. Meine derzeitigen Artikel („Zum Geld“ und „Zur Zeit“, wobei letzterer in den nächsten Tagen erscheinen wird), befassen sich mit der Frage nach dem Wert und der Herkunft von Geld und Zeit, die so unmittelbar Teil unseres Alltages sind und deren Wichtigkeit von uns daher selten hinterfragt wird. Viele Menschen glauben deswegen, dass sie darin „wahre Erfüllung“ finden werden, was meiner Ansicht nach eben sehr problematisch ist.

  3. Na ja, diesem Artikel kann ich mich nur teilweise anschließen.
    Meiner Meinung ist es wichtig Ziele zu haben und dafür zu kämpfen. Na klar, die sollten natürlich realistisch sein, damit es nicht frustrierend ist. Zudem ist dieses „Trachten nach Glück“ ja nun auch nicht das, was sich von alleine ergibt. Und nur, weil man einem einfachen Handwerk nachgeht, wird man nicht glücklich. Es ist ja auch nicht jeder Bettler ein Philosoph. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich weiß schon worum es Ihnen geht, aber so richtig überzeugt mich das Gesagte nicht.
    „Keinen falschen Zielen nachjagen“, da kann ich mich anschließen, aber ich glaube Sie wollen noch mehr sagen?!

  4. Einem, wie Sie sagen, „einfachem Handwerk“ nachzugehen, das allein ist sicher nicht hinreichend, um ein glückliches Leben zu führen. Das sollte keineswegs die Aussage des Artikels sein. Ich richte mich mit dem Gesagten viel mehr gegen die weit verbreitete Meinung, dass es in unserer Gesellschaft unmöglich ist, mit einem durchschnittlichem Einkommen und mit einer Beschäftigung, die nicht hoch angesehen ist, ein glückliches Leben zu führen, und dass dies also nun kein erstrebenswertes Leben wäre, dass jeder das sein müsse, was man „erfolgreich“ nennt. Und ich bin darüber hinaus auch ein Gegner eben davon, unterschiedliche Talente und Tätigkeiten einer Gewichtung zu unterziehen, die in direktem Zusammenhang mit der Wertung einer Person gebracht wird.

    Vielleicht ist Ihnen das Zitat von Albert Einstein bekannt:
    „Jeder ist ein Genie. Aber wenn Du einen Fisch danach beurteilst, wie er auf einen Baum klettern kann, wird er sein ganzes Leben glauben, dass er dumm ist.“

    Ich tue mich ein bisschen schwer mit der Antwort, weil Sie nicht wirklich gesagt haben, wovon Sie nicht überzeugt sind oder worin Sie nicht übereinstimmen. Vielleicht ist Ihnen der Beitrag nun etwas klarer.

    Liebe Grüße

  5. Ich verstehe schon, das man auf meinen Kommentar schlecht etwas erwiedern kann.
    Ich glaube wir sind im Grunde einer Meinung, aber ich kann mit dem Artikel nicht so viel anfangen. Ist ja auch nichts schlimmes dabei. Vor allem mit diesem „Trachten nach Glück“ und dem „Gutes tun“ und diesem seltsamen Klischee vom Weisen, der irgend einer meditativen (?) Arbeit nachgeht. Das klingt alles so vage.
    Hab gerade gesehen, dass wir beide Studenten sind, da können wir uns auch duzen. Wie kommt es eigentlich, dass du recht allgemeine Aussagen triffst und und wenig persönliches preis gibst. Ich fände es viel interessanter zu lesen, was solche Themen für dein (tägliches) Leben bedeuten.

  6. Es stimmt schon, dass der Artikel deutlich vager formuliert ist, als andere. Er ist dementsprechend auch kürzer, ja selbst der Stil ist ein bisschen anders. Vermutlich ist es so, dass man, wenn man meine anderen Beiträge gelesen hat, auch mit diesem hier um einiges mehr anfangen kann. Ich leugne nicht, dass die Artikel meines Blogs in gewisser Hinsicht aufeinander aufbauen; zwar sicher nicht in einem Ausmaß, so dass man die neuen gar nicht verstehen könnte, aber doch so, dass es mit der Kenntnis der anderen um einiges leichter fällt. Anders ist es leider nicht möglich. Müsste ich Begriffe, Argumente und Konklusionen vorhergehender Beiträge stets wiederholen, würde das zu einer enormen Unübersichtlichkeit führen. Ich versuche normalerweise, dieses Problem stattdessen mit Links und Verweisen zu lösen, hier aber habe ich das aus vielen Gründen nicht getan.

    Natürlich spielt meine Gedankenwelt für mich auch im täglichen Leben eine Rolle. In manchen Bereichen gelingt es mir mehr, meinen Wünschen, Idealen und Maximen entsprechend zu handeln und zu leben, in manchen Bereichen gelingt es mir weniger. Geht ja jedem Menschen so, oder? : )

    Liebe Grüße

  7. „So soll man sich seine Ziele, Wünsche und Erwartungen nach eigenem Interesse und nach eigenen Fähigkeiten auswählen und nicht derart unerhört hoch stecken, auch in jungen Jahren nicht; denn was bringt es, außer Frustration, Enttäuschung und Kummer in den späteren?“

    Wieder einmal ein toller, aussagekräftiger Satz – und hier noch ein Zitat dazu:

    „Vergeuden Sie nicht Ihre Zeit damit, das Leben eines anderen zu leben.“
    (Steve Jobs, 1955-2011)

    Gruß,
    Sunelly Sims

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