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Zum Fanatismus

13/11/2013

Es steckt schon im Sinn der Worte selbst: Einen Menschen zu bewundern bedeutet, ihn nicht zu verstehen; ihn zu verachten bedeutet genau dasselbe. Jener Fanatismus, dessen Zentrum die polarisierenden Gestalten des öffentlichen Lebens sind, ist ein Ausdruck des Wahnsinns einer fanatischen Masse, etwas Religiöses. Die Leute sind zufrieden, an einem verzerrten Bild festzuhalten, und würden lieber den Mythos, das heißt die Person sterben sehen, als das Wundersame an ihr. Einem gelüfteten Rätsel ist nämlich nicht wesentlich, solche ästhetischen Bedürfnisse zu befriedigen und gleicht einem Zaubertrick, von dem man weiß, wie er durchgeführt wird. Schön ist, wer sich verbirgt und sich um Unklarheiten, um das Dunkle bemüht, denn nichts fasziniert mehr als das Unberechenbare, das Spekulative, das Unsichtbare, das, worüber man nichts weiß.
Die Personen hinter diesem Bilde sind nicht selten bemitleidenswerte Objekte, sind Gestalten mit Masken; also im eigentlichen Sinne gar keine Personen mehr, gar keine Persönlichkeiten mehr, sondern lediglich Träger ihres Mythos und bis zum Verschmelzen der Identitäten an demselben aufgeknüpft. Daran geht der Charakter zugrunde, und zwar in einem Schauspiel, das die fanatische Masse mit geiferndem Maul verfolgt. Das ist der Inbegriff unserer Oberflächlichkeit, nämlich der Wunsch nach Objektifizierung, nach einem ansehnlichen Schleier, der das fade Wesentliche einer Person versteckt. Um diese starke, typisch menschliche Begierde zu befriedigen, beginnt die Vermarktung des Schleiers manchmal schon im Kindesalter, hört im Tod nicht auf und ist aufgrund der offensichtlichen Rücksichtslosigkeit gegenüber seinem Träger mit einem erheblichen Aufwand an Heuchelei verbunden. Überzeugend wirkt diese allemal: Nicht wenige meinen, die Gestalten um ihre Masken beneiden zu müssen.

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