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Zu Vorwürfen gegen grüne Politik

18/09/2013

Die im derzeitigen Wahlkampf besprochenen Themen sind vielfältig und die vorgestellten Konzepte der unterschiedlichen Parteien kommen in variierender Komplexität zum Ausdruck. Grüne Ideen sind nicht bekannt dafür, einfach verständlich und zugänglich zu sein. Als Sinnbild dafür steht auch das umfangreiche Wahlprogramm mit über 300 Seiten. Dementsprechend naheliegend ist die Strategie der Konkurrenten, diesem Umstand populistisch zu begegnen und Forderungen der Grünen ohne Berücksichtigung der dahinterstehenden Zusammenhänge und Argumente mit den negativ konnotierten Begriffen des Zwanges und des Verbotes in Verbindung zu bringen. Mit dieser Vorgehensweise möchte ich heute abrechnen.

Besonders großer Beliebtheit erfreut sich diese primitive Form der Kritik bei jenen, die sich in ihrer politischen Tätigkeit überhaupt allein auf die feindselige Auseinandersetzung mit den Inhalten anderer beschränken und selbst wenig oder gar keine konstruktiven und realistischen Vorschläge in die Diskussion einzubringen haben. Ich spreche damit etwa die Schlagwort- und Wirtshauspolitik der FPÖ an, die auf manipulative und unverantwortliche Weise Spielchen mit den Emotionen der Bürger treibt, deren ziellose Hoffnungen und deren fehlgerichtete Wut bestätigt und vorantreibt und sich jeglicher vernunftbasierten Konfrontation geschickt entzieht. Doch oben beschriebener Vorwurf kommt auch vonseiten der Regierung, etwa von der ÖVP. Das Bezeichnen der Grünen als Partei der Verbote scheint insbesondere ein Habitus konservativer Kräfte zu sein.
Eva Glawischnig hat unlängst in einer Reaktion darauf hingewiesen, dass man den Begriff des Verbotes ordentlich definieren muss. Darauf möchte ich nun näher eingehen, denn tatsächlich liegen in diesem Wort sprachliche und logische Verwendungsmöglichkeiten, die sich hinter dem Offenkundigen verstecken. So sind etwa Gebote auf Verbote reduzierbar. „Man muss A tun.“ ist nämlich äquivalent zu „Es ist verboten, A zu unterlassen.“. Unter diesem Aspekt eine Diskussion um die politische Vertretbarkeit des Erlasses von Verboten zu führen, würde grundsätzlich jenen Parteien schaden, die beständig für die vielfältigen Pflichten des Bürgers gegenüber der Gesellschaft argumentieren, also in erster Linie gerade den konservativen. Von derartigen Verboten sind etwa Wehrpflichtige betroffen, und dies in einer Form, die ihre menschlichen Grundrechte erheblich einschränkt. Ein anderes Verbot der Konservativen ist das der Eheschließung von Homosexuellen. Mit diesen und weiteren Beispielen lässt sich also deutlich machen, dass ein Erlass nicht die sprachliche Form eines Verbotes haben muss, um in seiner praktischen Bedeutung als solches wirksam zu werden.
Schließlich sieht es so aus, dass wir in politischen Debatten ausgesprochen häufig über Maßnahmen sprechen, die unser Zusammenleben ordnen und in diesem Sinne das Verhalten einiger oder aller Bürger auf irgendeine Weise reglementieren. Von Verbot und Zwang wird von populistischen Politikern aber selbstverständlich nur dann gesprochen, wenn man die Ansicht hegt, dass weite Teile der Bevölkerung die Regelung nicht für sinnvoll halten und man sich daher gewiss sein, auf welche Weise diese Bezeichnungen verstanden werden. Nun passiert das leider nicht unbedingt nur dann, wenn sich für eine Idee nicht genügend vernünftige Argumente finden lassen. Es geschieht gegenwärtig zumeist in jenen Fällen, in denen die Menschen über die Hintergründe des debattierten Erlasses nicht ausreichend aufgeklärt sind und ihn deswegen als ungerechtfertigten Eingriff in die persönlichen Freiheiten empfinden. Eine dementsprechende Beeinflussung durch die Wahl bestimmt assoziierter Worte ist dann nichts anderes als ein bewusstes Profitieren durch die schlecht informierte Wählerschaft.

Ich bin keineswegs der Ansicht, dass der Großteil der österreichischen Wählerschaft aufgeklärt, informiert und mündig genug ist, um die Sinnhaftigkeit bestimmter Entscheidungen angemessen zu beurteilen. Selbst für hauptberufliche Politiker ist dies in manchen Angelegenheiten ohne Ratschläge fachlicher Experten nicht möglich. Grüne Politik ist oft unpopulär und unliebsam. Sie orientiert sich an neuen Entwicklungen und bricht daher mit Gewohnheiten und Traditionen, hat ein Auge für größere Zusammenhänge, für internationale Verflechtungen, für andere Lebewesen und zukünftige Generationen. Ohne dem entsprechenden Wissen sind diese Ambitionen nicht nachvollziehbar. So ist für manchen Bürger beispielsweise völlig unverständlich, wieso neue Richtlinien im Bereich des Lebensmittelkonsums angedacht werden. Sie wissen nicht über die immensen ökonomischen, ökologischen und ethischen Beziehungen Bescheid, in denen ihr sonntägliches Schnitzel steht. Und zum großen Nachteil der Grünen ist es leider nicht möglich, diese Inhalte in einen schlechten Halbreim auf ein Plakat zu fassen.

Liebe Grüße,
Mahiat

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