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Zu moralischer Erziehung

24/04/2014

Die alte Moral hat ausgedient. Die soziale und ökologische Tragweite unseres Handelns ist größer als je zuvor. Jeder von uns trägt als politischer Bürger und als Konsument eine massive Verantwortung, beeinflusst Lebensräume und wirtschaftliche Entwicklungen auf der ganzen Welt, entscheidet direkt und indirekt über die Beachtung und Missachtung der Bedürfnisse anderer Lebewesen, seien es Menschen oder nichtmenschliche Tiere. Ein moralisch verantwortungsvolles Leben ist heute mit ständiger Informationsbeschaffung und mit einer vernünftigen Auswertung dieser Informationen verbunden. Ethisch problematische Phänomene des Alltags müssen als solche erkannt und hinterfragt werden, und zwar unabhängig von gesellschaftlichen Konventionen. Auf eine derartige Lebensweise muss man durch eine geeignete Erziehung vorbereitet werden. Damit verbunden sind gehörige Portionen an Freigeistigkeit und an Lösungskompetenz. Im Kern steht Selbstdisziplin und eine antiautoritäre Haltung.
Die alte Moral besteht aus starren Prinzipien und Regelwerken, die in den wenigsten Situationen eine begründete Anwendung finden. Sie verführen dazu, sich in ethischen Angelegenheiten an geltenden Normen und an ideologischen Leitfiguren zu orientieren. In Fragen der Ethik haben wir das Zeitalter der Aufklärung noch nicht erreicht. Der eigene Verstand wird in diesen Belangen nur nach kräftigem Druck aus dem sozialen Umfeld bemüht, ist auch dann noch ausgesprochen träge und inkonsequent und in all seinen Rechtfertigungen vor anderen und vor sich selbst um keine bequeme Ausrede verlegen. Und daran geht ganz langsam unsere Welt zugrunde, dass wir uns in unserem Verhalten fast ausschließlich aneinander orientieren, dass wir deshalb als dumme Masse agieren, nicht als aufgeklärte Individuen.

„Wie soll ich leben, damit ich selbst und andere Lebewesen in Gegenwart und Zukunft möglichst glücklich und zufrieden sind?“, das ist wohl die wichtigste Frage unseres gemeinsamen Daseins. Der rasche technologische Fortschritt wirft ständig neue Möglichkeiten auf, mit denen moralische Probleme einhergehen. Die alte Moral kann es nicht leisten, junge Menschen auf den eigenständigen und vernunftbasierten Umgang mit diesen Schwierigkeiten vorzubereiten. Wer dies leugnet und die Etablierung des allgemeinen Ethikunterrichts in den Schulen erschwert, um dem traditionellen Religionsunterricht die Stange zu halten, fügt unserer Gesellschaft nachhaltigen Schaden zu, dessen Ausmaß noch gar nicht einzuschätzen ist.

From → Betrachtungen, Ethik

6 Kommentare
  1. Hallo!
    Es ist gut sich Gedanken zu machen, aber Ihr Artikel weist 2 grundsätzliche Schwächen auf.
    1. Sie schreiben von einer „alten Moral“ und einer „neuen Moral“, ohne beide zu definieren.
    2. Nahezu sämtliche Aussagen widersprechen sich und es mangelt deshalb an Syllogismen.
    Wo sehen sie die Quellen der Ethik und Moral – in der Gesellschaft oder dem Einzelnen?
    „…Die soziale und ökologische Tragweite unseres Handelns ist größer als je zuvor.“
    Womit begründen Sie diese Aussage? Ähnliches wird von jeder Generation seit Thales schon empfunden.
    MFG

  2. Hallo alphachamber,

    1) Dieser Artikel ist keine analytische Ausarbeitung meines Standpunktes, weder stilistisch noch argumentativ. Er ist eine absichtlich kurze und prägnante Darstellung meiner Position. Dem Verständnis dürfte das allerdings nicht abträglich sein. Ich habe nämlich jedenfalls klar gemacht, was im Text unter den Begriff der alten Moral fällt. (Eine alte Moral besteht aus starren Prinzipien und Regelwerken und verführt dazu, sich an geltenden Normen und Leitfiguren zu orientieren.) Von einer neuen Moral spreche ich nicht.
    2) Welche Aussagen stehen im Widerspruch zueinander? Bitte um Beispiele. Zu den Quellen der Ethik habe ich mehrere Artikel geschrieben, bitte lesen Sie dort nach. Sie finden eine Auswahl in der Kategorie ‚Ethik‘ unter der Rubrik ‚Betrachtungen‘. Ich verweise im Speziellen auf „Zur Rechtfertigung ethischer Systeme„. Dieser Artikel ist auch stilistisch und argumentativ analytischer aufgebaut, als dieser hier. Vielleicht haben Sie damit daher mehr Freude.

    “Die soziale und ökologische Tragweite unseres Handelns ist größer als je zuvor.”
    Die Begründung dafür wird im darauffolgenden Satz umrissen: „Jeder von uns trägt als politischer Bürger und als Konsument eine massive Verantwortung, beeinflusst Lebensräume und wirtschaftliche Entwicklungen auf der ganzen Welt, (…)“. Betonung liegt auf den Fettdruck. Dieser durch die Globalisierung und durch das Internet vorangetriebene Aspekt hat den Einfluss des Einzelnen sprunghaft vergrößert und befähigt mich daher zu meiner Aussage.

    Liebe Grüße

  3. Danke für Ihre freundliche Antwort.
    eine Moral steht auf Prinzipien und Axiomen, die Sie mitnichten erklären. Wenn Sie schreiben: „Eine alte Moral besteht aus starren Prinzipien und Regelwerken und verführt dazu, sich an geltenden Normen und Leitfiguren zu orientieren…“, so ist dies (a) ein contradictio in adiecto und (b) beschreibt es nicht deren Inhalt. Oder beziehen Sie sich eher auf Traditionen?
    Quelle der Moral ist entweder die Religion, der Staat (Gesellschaft) oder der Einzelne – das wäre die erste und wichtigste Entscheidung.
    Mit Verlaub: Ihr „Ethik“-Artikel ist bestenfalls ein ontologischer Ausschnitt Ihres Studiums. Sie stehen auf der Seite, die eine rationale Erklärung der Ethik ablehnen, geben aber keine Begründung oder nennen Ihre Axiome (z.B., Aristoteles: Menschen werden erst durch Zielsetzung zum ethischen Handeln fähig.)
    Mit der „ökologisch größeren Tragweite“ liegen Sie historisch falsch. Es gab schon mehrere „Bevölkerungsexplosionen“ in der Geschichte und, in Relation gesehen, auch ähnlich signifikante Technologiesprünge. Globalisierung hat nur einen Einfluss auf Geschwindigkeit des Informations- und Güterverkehrs, aber nichts mit moralischer Verantwortung zu tun.
    Nette Grüße
    [P.S.: „…Vielleicht haben Sie damit daher mehr Freude.“ Freude machen mir Dialoge mit Menschen von rationaler Vernunft und konzeptueller Denkweise. :-)]

  4. „(…), so ist dies (a) ein contradictio in adiecto und (b) beschreibt es nicht deren Inhalt.“
    Ein contradictio in adiecto wäre es nur, wenn eine ethisches Konzept definitionsgemäß nicht aus starren Prinzipien bestehen oder nicht dazu verleiten könnte, sich an geltenden Normen und Leitfiguren zu orientieren. Es ist aber offensichtlich, dass es Konzepte der Moral gibt, die auf diese Weise funktionieren. Solche lassen sich auf beinahe triviale Weise konstruieren.
    Meine Kritik richtete sich gegen die Funktionsweise gewisser moralischer Konzepte, wie ich sie im Artikel beschrieben habe. Der Inhalt spielt in diesem Bezug gar keine Rolle.

    „Sie stehen auf der Seite, die eine rationale Erklärung der Ethik ablehnen, geben aber keine Begründung oder nennen Ihre Axiome.“
    Inwiefern lehne ich eine „rationale Erklärung der Ethik“ ab? Da müssen Sie einiges missverstanden haben. Was die ethische Grundlegung betrifft: Der Artikel „Zur moralischen Grundlage„, auf dem im zuvor verlinkten Beitrag explizit hingewiesen wird, beschäftigt sich ausschließlich mit der Frage nach einer moralischen Basis.

    „Es gab schon mehrere “Bevölkerungsexplosionen” in der Geschichte und, in Relation gesehen, auch ähnlich signifikante Technologiesprünge.“
    Das ist richtig und steht keineswegs im Widerspruch zu meiner Aussage.

    „Globalisierung hat nur einen Einfluss auf Geschwindigkeit des Informations- und Güterverkehrs, aber nichts mit moralischer Verantwortung zu tun.“
    Globalisierung hat vor allem einen Einfluss auf Reichweite und Größe der Märkte. Dass daraus eine zusätzliche moralische Verantwortung für den Konsumenten entsteht, ist eigentlich selbstverständlich. Wer heute beispielsweise Kleidung oder elektronische Geräte kauft, nimmt direkten Einfluss auf die Arbeitsbedingungen von Menschen in anderen Gegenden der Welt, unterstützt deren Ausbeutung oder finanziert Bürgerkriege mit.

  5. Lieber Mahiat,
    im Voraus meine Entschuldigung, bitte werten Sie die Bündigkeit meines Kommentars nicht als Respektlosigkeit. Ihre „moralische Grundlage“ ist ein schlechter und recht wirrer Synkratismus der Kant’schen deontologischen und der Hegel’schen teleologischen Konzepte, sowie des Utilitarismus, und ohne eines klar erkennbaren Ziels.
    Nur einige Beispiele:

    Zu Beginn heißt es: „In diesem Sinne kommen wir auch in ethischen Fragen nicht ganz ohne Dogmatismus aus…“ und: „Wir müssen einen ethischen Wert, eine Basis ohne weitere Begründung und Rechtfertigung voraussetzen…“; lernen aber zum Schluss, dass es einen Weg zur vernünftigen Ethik gibt: „…der ist auf dem Weg zu einer vernünftigen Ethik,…“

    Zur Mitte folgern Sie „(wohlbemerkt logisch ungültig)“?! und ziehen dann den „einzig logisch ungültigen Schluss…“, den Sie hinnehmen, weil er „widerspruchsfrei“ sei. Auf dieser Logik – in einem unlogischen Behältnis – bauen Sie die Grundlage Ihrer Moral: “Handle mit der Absicht, dich selbst und andere Lebewesen möglichst glücklich zu machen.” Und: „… diese Basis lässt dann…auch logische Schlüsse zu“. Aber zum Ende nehmen sie die Gehhilfen des Lesers zurück: Die Ehtik ist ja „…enorm diskussionsfähig, argumentativ und …begründbar…“.

    Nach diesem dialektischen Chaos, gratulieren Sie dem der es schaffte, sich über dies alles (also eigentlich nichts!) zu retten, „…auf den Weg zu einer vernünftigen Ethik…“ Die es Dank Ihrer Ausführungen nicht gibt. Sie selbst jedenfalls blieben in dem Utilitarismus stecken und haben diesen Sprung scheinbar nicht geschafft. Habe ich das alles falsch verstanden?

    Übrigens:
    „Jedes empfindende Lebewesen handelt und entscheidet immer und in jeder Angelegenheit stets auf jene Art und Weise, von der sie sich maximale Befriedigung…“
    1. Sollte wohl heißen: Jedes rationale Lebewesen – und das ist nur der Mensch.
    2. Dies ist falsch; sonst wäre der Rauchmittelkonsum moralisch.
    Ich mache mal hier Schluss. Nochmals, geschrieben mit besten Intentionen.
    Nette Grüße

  6. „Habe ich das alles falsch verstanden?“
    Mit einem Wort: Ja. Wenn man sich aber in der Diskussion um ein völlig nüchternes und sachliches Thema im Vorhinein für seinen Kommentar entschuldigen und am Schluss nochmals seine guten Intentionen beteuern muss, dann bedarf es wohl ohnehin nicht mehr der Feststellung meinerseits, dass es sich dabei um eine in unterschwellig aggressivem Ton abgefasste Beschreibung Ihrer Rezeption meiner Ausführungen handelt, die offenkundig gar nicht sachlich sein soll und auf die sich daher auch nichts Vernünftiges entgegnen lässt. Ich nehme Ihren Beitrag zur Kenntnis und ebenso die Tatsachen, dass Ihnen mein Text nicht gefällt und dass Sie auf all meine Antworten zur eigentlichen, zum hiesigen Artikel gehörigen Thematik nicht mehr eingehen möchten. Damit ist diese Diskussion für mich beendet.

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